Die Edda Anmerkungen (Simrock 1876)

15. Rigsmal.

Die Verschiedenheit der Stände von göttlichem Ursprung herzuleiten, ist die Absicht dieses nicht ganz auf uns gekommenen, für die älteste noch halbgöttliche Heldensage höchst wichtigen Gedichts. Auch sein poetisches Verdienst ist nicht gering, obgleich es seiner Erfindung Eintrag thun könnte, daß die von göttlicher Anordnung abzuleitenden Stände in den drei Paaren, welchen der Gott zu Nachkommenschaft verhilft, schon vorgebildet sind, so daß es seiner Vermittlung gar nicht erst zu bedürfen scheint. Er schafft aber hier nicht die Menschen, die Wöl. 1 seine Kinder heißen, sondern die Ordnungen der Gesellschaft, die früher bloß natürliche Verhältnisse nun zu politischen Ständen werden. Wir finden zugleich in diesen Paaren die drei Stände der Unfreien, Freien und Edeln, die sich bei allen deutschen Stämmen (Tac. Germ. c. 25) nachweisen laßen (im Angels. eorlas, ceorlas, thraelas) so gut aufgefaßt und geschildert, daß wir uns über jenes Bedenken wohl hinwegsetzen dürfen.

Rigr, welchen der prosaische Eingang des Liedes für den Asen Heimdal erklärt, haftet tief in den Ursagen deutscher Völker. Der Name ist aus Iring verkürzt und verdichtet (Myth. 335). Iring kennen wir aus dem Nibelungenliede, wo er im Kampf mit Hagen erliegt. Indem die Wilkinasage, die aus deutschen Liedern schöpft, diesen Kampf berichtet, läßt sie ihn an einer Steinmauer niedersinken, die zur Erinnerung an den Helden noch bis heute Irungs veggr heißen soll. Die Vergleichung einer Erzählung Widukinds von Corvei, die den Krieg der Franken mit Thüringen und Sachsen gleichfalls nach Liedern mehr der Sage gemäß als geschichtlich darstellt, ergiebt, daß die Wilk. veggr (Mauer) mit veg (Weg) verwechselt hat, denn nach ihm bahnte sich Iring Weg mit dem Schwerte und bewährte solche Tapferkeit, daß noch zu Widukinds Zeit die Milchstraße nach ihm benannt wurde. Die Iringsstraße wird auch sonst noch erwähnt, nicht immer in Bezug auf die himmlische: auch auf Erde hießen große Königsstraßen in England und Schweden bald nach Erik (= Rigr = Iring), bald nach Irmin und Iring. Der thüringische Iring erscheint aber im Nibelungenliede sowohl als bei Widukind mit Irminfried verbunden, wie sich Iring und Irmin in den Namen himmlischer und irdischer Straßen vertreten. Das Ergebniss der ganzen in Gr. Myth. 329–336 geführten Untersuchung ist nun, daß der im Eingang unseres Liedes für Iring erklärte Heimdal, der Hüter Bifrösts des Regenbogens, als des Weges, auf welchem die Götter zum Himmel niedersteigen, Veranlaßung gab, die Milchstraße und jene irdischen Königsstraßen gleichfalls nach Rik, Erik, Iring oder Irmin zu benennen. Auch in unserm Liede wandelt Rigr grœnar brautir, in welchen grünen irdischen Wegen die weißen leuchtenden des Himmels abgespiegelt sind. Die hiemit zusammenhängende Untersuchung über Irmin (Myth. 328) leitet darauf, daß in ihm die Sachsen einen kriegerisch dargestellten Odhin verehrt hätten. Vgl. jedoch M. Handb. §. 86. 89. Wie aber Odhin sonst als der Wanderer erscheint und an der Spitze der Geschlechter steht, so finden wir in unserm Liede beide Rollen auf seinen Sohn Heimdal übertragen, und die auf Irmin und Iring bezogenen Straßen auf Erden und am Himmel sind nach den höchsten und weisesten der Asen benannt, die als Götter Vater und Sohn waren und noch zu Helden herabgesunken stäts mit einander verbunden auftreten.

Noch ein anderes Streiflicht wirft das Lied auf unsere ältere Völkergeschichte. An seinem leider verstümmelten Schluß (Str. 45) werden Dan und Danpr wie es scheint als Nachkommen Jarls erwähnt. Der herlichen Schätze und Städte Danprs wird auch Atlakwida 5 gedacht. Nach Snorris Ynglingasaga war nun Danpr der Sohn Rigs, der zuerst in dänischer Sprache König hieß. Erst Danprs Sohn war Dan der Prächtige (hinn mikillati), von dem Dänemark den Namen empfing. Der Enkel Drotts, der Schwester Dans, heißt hier Dag. Auch Saxo leitete Dänemarks Namen von Dan ab, aber erst ein späterer Dag ist ihm der Sohn Rigs. In der Gesch. d. deutschen Spr., wo Grimm bekanntlich Daci und Dani für gleichbedeutend nimmt, indem sich aus Daci Dacini ableiten und diese in Dani kürzen, erklärt er nun die Namen Dagr, Danpr und Danr für Nebenformen desselben Namens, in welchem das alte Dag nachklinge. Die Wurzel dieses Völkernamens ist ihm Dags = dies, welches lateinische Wort selbst aus dacies, wie Dani aus Dacini gekürzt erscheine. Demgemäß sind ihm die Dänen die hellen, lichten. Nun hieß nach D. 10 Dags Vater Dellingr, welches für Döglingr stehen muß, beßer aber auf die Nachkommen Dags als auf einen seinen Vorfahren passen würde. Doch will Grimm das dallr in Heimdallr jenem Dellingr für Döglingr vergleichen, so daß in dem lichtesten der Asen (hvita as) D. 27 als dem Stammvater des Dänenvolks schon dessen heller Ursprung ausgedrückt wäre.

Den drei Paaren, welchen durch Rigrs zweideutige Vermittlung die drei Stände entspringen, legt unser Lied Namen bei, welche zugleich Altersstufen bezeichnen. So hießen die Voreltern der Unfreien Ai und Edda, Urgroßvater und Urgroßmutter, die der freien Bauern Afi und Amma, Großvater und Großmutter, erst die der Edeln Vater und Mutter. Wenn damit nicht ausgedrückt werden soll, daß der Stamm der Knechte zuerst, die der Freien später und der der Edeln zujüngst entsprungen sei (Gr. R. A. 228), so müßen diese Namen der Sitte entliehen sein. Auch die nächsten Paare führen bezeichnende Namen, bei den Knechten Thräll und Thyr (Knecht und Magd), die noch ein spätes Sprichwort zusammenkommen läßt, bei den Bauern Karl und Snör, bei den Edeln Jarl und Erna. Karl und Jarl bezeichnen den Stand, Snör und Erna mehr sittliche Eigenschaften, die der raschen Thätigkeit und heitern Lebendigkeit. Es würde zu weit führen, auch die Namen der weitern Sprößlinge zu deuten; wir verweisen deshalb auf Gr. R. A. 266. 283. 304, Rochholz A. Kinderl. 157 und Leo Rect. 155. Es versteht sich von selbst, daß auch sie charakteristisch gewählt sind und bei den Knechten zum Theil Plumpheit und Missgestalt, bei den Bauern nützliche Beschäftigung, bei den Edeln vornehmes Wesen ausdrücken. In Konur, dessen Namen mit König verwandt ist (Gr. R. A. 230), sollte wohl dargelegt werden, wie aus dem Stande der Edeln das Königtum sich hervorbildet. Aus konr ûngr wird konûngr, der erste König; v. Lilienkron Zeitschr. X. 194. Daß gerade der Jüngste des Geschlechts hiezu ersehen ist, mag uns den König als die Blüte des Adels, den letzten höchsten Trieb der Volksentwickelung darstellen sollen. A. M. ist Liebrecht G. G. A. 1865. 12, der hier eine Hinweisung auf das einst weitverbreitete Jüngstenrecht erkennt. Vgl. auch Heidelb. Jahrb. 1864, S. 210. Schade, daß das Gedicht kurz vor seinem Schluße abbricht. Auch innerhalb finden sich einige schwer auszufüllende Lücken. Wie viel wir aber auch verloren haben, das Erhaltene bleibt auch als Bruchstück unschätzbar.

16. Hyndlulied.

Wie das vorhergehende steht auch dieses Gedicht in der Mitte zwischen Götter- und Heldensage. Die Einkleidung ist jener ausschließlich entliehen, aber auch der Inhalt reicht zuletzt zu ihr hinauf. Was von diesem der Heldensage angehört, beschränkt sich nicht wie die heroischen Lieder unsres zweiten Abschnitts auf die auch in Deutschland bekannte Sage von den Niflungen und Giukungen, sondern begreift fast alle nordischen Königsgeschlechter, indem es die grösten Heldennamen, die bis zum Ende des achten Jahrhunderts, seine vermuthliche Abfaßungszeit, im Norden berühmt waren, übersichtlich zusammenstellt.

Wenn ein politisches Lied, so beliebt die Gattung jetzt bei uns geworden ist, Goethen ein Pfui entlockte, so muß ein genealogisches wie das gegenwärtige noch auf viel stärkere Abneigung gefaßt sein, zumal das Interesse, das der Nordländer für die Geschlechtsreihen seiner Könige mitbrachte, uns in unendlich geringerm Maße beiwohnt. Der Dichter scheint aber wohl empfunden zu haben, wie sehr sein Stoff, welche Vorliebe ihm auch entgegen kam, poetischer Behandlung widerstrebte, denn er hat alle Mittel angewandt, welche die Kunst darbot, ihn zu würzen und genießbar zu machen. Dazu bediente er sich der Einkleidung und des Kehrverses, die wir beide abgesondert betrachten wollen.

Wie in der Wegtamskwida Odhin sich nach den Geschicken Baldurs bei der Seherin erkundigt, die er aus dem Grabe weckt, so sucht hier Freyja die höhlenbewohnende Riesin Hyndla auf, die sie schmeichlerisch Schwester und Freundin nennt, um von ihr über die Vorfahren eines Schützlings Belehrung zu empfangen. Wir wißen aus D. 35, daß Freyja einst einem Manne vermählt war, der Odur hieß, und dem sie, als er sie verließ, goldene Thränen nachweinte. Es erhellt nicht, ob dieser Odur derselbe war, der hier als Ottar der junge, Innsteins Sohn, auftritt. Hyndla freilich nennt ihn Freyjas Mann, sie selbst aber nur ihren Schützling, der ihr ein Haus aus Steinen errichtet und oft mit Opferblut getränkt habe. In seinem Geleit kommt sie nun zu der weisen Wala, damit er selbst aus ihrem Munde die Auskunft vernehme, deren er zur Entscheidung eines Rechtsstreits mit Angantyr über sein väterliches Erbe bedarf. Bei ihrem nächtlichen Besuch rückt aber Freyja nicht gleich mit ihrem Anliegen heraus, sondern fordert zunächst zu einem Ritt nach Walhall auf, da sie denn unterwegs wohl im Gespräch ihren Zweck zu erreichen gedenkt. Aber Hyndla weigert sich, ihr nach Walhall zu folgen; auch bedürfe dessen Freyja nicht, da sie ja ihren Mann, den jungen Ottar, zum Begleiter habe. Freyja zürnt, daß Hyndla sie eines solchen Verhältnisses zu ihrem Begleiter verdächtigt, steht aber von der Reise nach Walhall ab und kommt zu ihrem eigentlichen Zweck, indem sie über die Geschlechtsreihen der Voreltern Ottars Auskunft verlangt. Diese gewährt auch Hyndla in den Str. 12–41, welche den genealogischen Inhalt des Gedichts bilden. Als aber Freyja ihr nun auch zumuthet, ihrem Begleiter das Äl der Erinnerung zu reichen, damit er sich nach dreien Tagen vor Gericht aller empfangenen Belehrungen noch entsinne, kehrt sie die rauhe Seite wieder hervor, schilt die Göttin in ehrenrührigen Ausdrücken wegen ihres Umgangs mit Männern und verweigert ihre neue Bitte unter dem Vorgeben, daß sie von Schlaflust befallen sei. Freyja nöthigt sie jedoch, ihr zu willfahren, indem sie die Höhle der Riesin mit Flammen umgiebt, worauf sie zwar den begehrten Trank, aber mit der Drohung empfängt, daß er ihrem Liebling den Tod bringen werde. Doch diesen Fluch weiß Freyja in Segnung zu verkehren.

Dieß die Einkleidung, welche wir zu dem Zweck, für den trocknen Inhalt zu entschädigen, vortrefflich erfunden meinen. Aber auch diesen selbst war der Dichter durch mehrfache Kehrreime zu unterbrechen und zu würzen bedacht, unter welchen der am häufigsten angewandte: Dieß all ist dein Geschlecht, Ottar, du Blöder! auch die gröste Wirkung thut.

Rechnen wir hinzu, daß die Stammtafeln der nordischen Götter und Helden dem Skandinavier des achten und neunten Jahrhunderts näher am Herzen liegen musten als uns, so mögen wir dem Gedichte wohl eine bedeutende Wirkung in jener Zeit zutrauen. Ettmüllers Urtheil, daß es wenig dichterischen Werth habe, ist aber jedenfalls ungerecht.

Wir werden bei Besprechung des Einzelnen eine ausführliche Erläuterung des so eingekleideten und mundrecht gemachten genealogischen Inhalts vermeiden, weil wir aller Kunst des Dichters ungeachtet doch nicht erwarten, daß der Leser Interesse genug für ihn genommen habe, um noch weitere Auffschlüße darüber zu wünschen. Auch sonst beschränken wir uns möglichst auf die wenigen Strophen, die zur Rechtfertigung unserer Auffaßung einer nähern Erörterung bedürfen.

1. Magd der Mägde ist eine im Norden beliebte Steigerung des Ausdrucks, wie sie uns schon im Eingang des Harbardsliedes begegnet ist. Ebenso rök rökra, welches wir mit Nacht und Nebel übertragen haben, obgleich es wörtlich die Finsterniss der Finsternisse bedeutet. Hyndla heißt die Wala (Weißagerin) unseres Liedes, nach welcher es wohl auch den Namen der „kleinen Wöluspa“ führt, wenn dieser Name nicht darauf geht, daß auch hier wie in jenem Gedichte die künftigen Weltgeschicke (Str. 41) verkündet werden. Sie gehört wohl zu den weisen Frauen, die in unserer Mythologie und ältesten Geschichten so bedeutend auftreten. Als Höhlenbewohnerin scheint sie übermenschlicher Natur, etwa riesiger Abkunft. Durch die Gabe der Weißagung ist sie selbst Göttinnen überlegen, wie die Wala der Wegtamskwida dem Gotte; aber auch Zauberkünste sind ihr vertraut, wie der Erinnerungstrank zeigt, den sie am Schluße darreicht.

Der Name Hyndla (canicula, junge Wölfin oder Hündin) muß nicht darauf gedeutet werden, daß sie auf Wölfen reite, wie es von Andern ihres Gleichen wohl berichtet wird. Vgl. jedoch Handb. §. 129.

2. Welcher Hermodr hier neben Sigmund, dem Vater Sigurds, genannt sei, bleibt ungewiss, schwerlich jener, den wir aus D. 49 als Odhins Sohn und Friggs Boten zur Unterwelt kennen, eher jener des Beowulfliedes, Kemble 64. Wie Sigmund das Schwert aus dem Kinderstamm zog, welches Odhin hineingestoßen hatte, ist aus der Wölsungasaga bekannt.

5. Da diese Strophe Hyndla zu sprechen scheint, so kann auch sie nicht dafür zeugen, daß sie auf Wölfen zu reiten pflegte. Den Wolf räth sie vielmehr im Zorn der Freyja an, da ihr Eber träge sei, Götterwege zu treten. Den Eber mit den Goldborsten (Str. 7) pflegt sonst Freyjas Bruder Freyr zu reiten (D. 61); da er Ihr hier beigelegt wird, so bleibt er wenigstens in der Verwandtschaft. Sich selbst legt Hyndla ein Ross bei nach der letzten Langzeile, welcher ich ein „nicht“ eingeschaltet habe, weil ich die ganze Strophe nur als eine heftige Weigerung verstehen kann, sich auf den vorgeschlagenen Ritt nach Walhall einzulaßen. Daß er wirklich nicht vorgenommen wird, ergiebt der Schluß, wo die Scene noch wie Anfangs vor Hyndlas Höhle spielt, welche Freyja mit Flammen umgeben will. Es steht nicht entgegen, daß Freyja Str. 8 sagt: „Laß uns im Sattel sitzen und plaudern,“ denn dieß kann auf sie selbst und ihren Gefährten gehen. Wozu aber Hyndla ihr Ross besteigen sollte, da sie doch den Vorplatz ihrer Höhle nicht verläßt, wüsten wir nicht.

6. 7. Die Schwierigkeiten dieser Strophen laßen sich kaum anders lösen als es die Übersetzung gethan hat. Die erste giebt für die in der vorhergehenden ausgesprochene Weigerung, an dem Ritte zur heiligen Walhall Theil zu nehmen, den Grund an, daß Freyja keiner andern Begleitung bedürfe, da Ottar bei ihr sei. I valsinni heißt wörtlich „bei der Todesreise;“ aber so drückt sich Hyndla mit gutem Recht aus, denn nach Walhall fahren und sterben war den Nordländern gleichbedeutend. Daß Hyndla den Ottar für Freyjas Mann ausgiebt, spielt vielleicht auf die Odurs-Sage D. 35 an, ist aber hier zunächst als Schmähung Freyjas gemeint, die zu der ganzen schnöden Abfertigung der Göttin in den beiden Strophen 5 und 6 stimmt und durch die ehrenrührigen Reden, in welche Hyndla am Schluß gegen sie ausbricht, noch erläutert wird. Nachdem Freyja Str. 7 diesen Vorwurf zurückgewiesen hat, entgegnet sie auch den unfreundlichen Worten Str. 5 über ihren Eber. Die Erwähnung seiner glühenden Goldborsten, welche nach D. 61 die Nacht erleuchten, soll dem Zweifel entgegentreten ob er zu dem vorgeschlagenen nächtlichen Ritte nach Walhall geschickt sei. Die Zwerge, welche diesen Eber geschaffen haben, sind nach dieser D. Brock und Sindri; vielleicht folgt aber das Gedicht einer andern Überlieferung, nach der ihn die daselbst ungenannt bleibenden Söhne Iwaldis, welchen andere Kleinode beigelegt werden, gebildet hatten.

11. Unter den hier genannten berühmten nordischen Königsgeschlechtern sind die Ülfinge wohl nicht die Wölfinge der deutschen Heldensage, sondern die Wölsungen, welchen die Helgilieder mit Anspielung auf Sigmunds und Sinfiötlis wölfische Verwandlung diesen Namen beilegen. Vielleicht stehen sie aber durch Irrtum hier, da in der entsprechenden Str. 16 die Ynglinge an ihre Stelle getreten sind. Die in der folgenden Zeile genannten Freien heißen im Urtext Höldar, worüber Myth. 316 Auskunft giebt. In Rigsmal 21 wird Höldr unter den Nachkommen Karls, des freien Bauern, genannt. Statt der Jarle, deren Erwähnung man nach den Freien erwartet, stehen hier die Hersen, die den Jarlen untergeordnet, doch wohl nicht als von ihnen wesentlich verschieden gedacht sind. Vgl. Rigsmal 36. 37.

12. Der Stammbaum Ottars, welchen Ettmüller zu Beowulf p. 16 nach unsern Str. 12–15 giebt, bedarf insofern der Berichtigung als Hledis Ottars Großmutter, nicht Mutter ist.

14. Nach Skaldsk. 64 opferte Halfdan der Alte zu Mittwinter den Göttern, damit ihm vergönnt werde, dreihundert Winter in seinem Königtum zu leben. Da erhielt er zum Bescheide, daß er zwar nicht länger leben werde als ein langes Menschenalter, aber dreihundert Winter lang aus seinem Geschlecht nur königliche Männer und Frauen hervorgehen würden. Es war ein großer Heermann und fuhr nach Osten weit umher. Da erschlug er im Zweikampf einen König mit Namen Sigtrygg und freite Alwig, die Kluge, König Eymunds Tochter von Holmgard. Sie hatten achtzehn Söhne, von welchen neun zugleich geboren wurden. Sie hießen Thengil, Räsir, Gram, Gylfi, Hilmir, Jöfur, Tiggi, Skuli und Harri. Diese neun Brüder wurden so berühmt in Heerfahrten, daß hernach ihre Namen in allen Liedern zur Bezeichnung fürstlicher Würden gebraucht wurden. Sie hatten keine Kinder und fielen Alle in Schlachten. Hernach hatten Halfdan und Alwig noch neun andere Söhne: Hildir, von dem die Hildinge stammen; Nefir, von dem die Niflinge stammen (?); Audi, von dem die Audlinge stammen; Yngwi, von dem die Ynglinge stammen; Dag, von dem die Döglinge stammen; Bragi, von dem die Bragninge stammen; Budli, von dem die Budlinge, Atli und Brynhild stammen; Lofdi, ein großer Heerkönig, von dem die Löfdunge stammen und Eylimi, Sigurd des Fafnirtödters mütterlicher Großvater; Sigar, von dem die Siklinge stammen, zu welchen Siggeir zählt, Wölsungs Schwager, und Sigars Geschlecht, der den Hagbard hängen ließ. Von den Hildingen stammte Harald Rothbart, der mütterliche Großvater Halfdan des Schwarzen. Aus dem Geschlecht der Niflinge entsprang Giuki, von den Audlingen Kiar, von den Ülfingen Eirik der Weise. Auch dieß sind berühmte Königsgeschlechter: von Yngwi kamen die Ynglinge, von Skiöld die Skiöldunge in Dänemark, von Wölsung die Wölsungen in Frankland. Skelfir hieß ein Heerkönig, von dessen Geschlecht die Skilfinge sind, die im Osten herschen. Die Namen aller dieser Geschlechter dienen in den Liedern zur Bezeichnung königlicher Würde. Nicht ganz stimmt dieser Bericht mit unserm Liede, das z. B. den Eilimi Str. 25 von den Ödlingen stammen läßt, während ihn die Skalda zu den Löfdungen zählt; dagegen scheint der Verfaßer von Fundin Noregr bald aus unserm Liede, bald aus der Skalda geschöpft zu haben. Des ersten Angaben sind wohl die einfachsten und altertümlichsten.

19. Der Str. 12 genannte Alf, so wie der Str. 18 sind nach Lünings richtiger Bemerkung andere.

22. Wenn man die drei ersten Zeilen streicht und die eingeklammerten beibehält, so stimmen die genannten zwölf Namen mit dem Verzeichniss der Söhne Arngrims in der Herwarasage, nur müste statt Tyrfingr Sämingr gelesen werden.

24. In dieser Strophe betreten unsere Leser plötzlich bekannten Boden, da hier Namen genannt werden, die der deutschen Heldensage in ihrer nordischen Faßung angehören und im zweiten Kreiß unserer Eddalieder, den wir Heldensage überschrieben haben, öfter wiederkehren.

27. Aus dieser Strophe hat Dietrich (Zeitschrift VII, 317) das Alter unseres Liedes bestimmt, da hier nach den Wölsungen Str. 25 zwar schon die Reihe der schwedischen Könige bis zu Iwars zweitem Schwiegersohn Radbert und seinem Sohne Randwer fortgeführt wird, aber weder Randwers Sohn Sigurd Ring, der Sieger der Brawallaschlacht, noch dessen gefeierter Sohn Ragnar Lodbrok genannt sind. Im neunten Jahrhundert wären diese Namen, die den ganzen Norden erfüllten, nicht zu unterdrücken gewesen. Dagegen soll nach K. Maurer (Zachers Ztschr. II. 443) das Gedicht vor dem 9. Jahrh. nicht entstanden sein, weil die Orkneyingasaga den Torf-Einarr Jarl für den Ersten ausgiebt, der Torf gegraben und gebrannt habe.

34. Daß in diesem genealogischen Gedichte bei Heimdal so lange verweilt wird, soll ihn vermuthlich wieder an die Spitze aller edeln Geschlechter stellen, wie es in dem vorhergehenden geschieht, wo außerdem auch die der Knechte und freien Bauern von ihm entspringen.

38. Bei Übertragung dieser dunkeln Strophe bin ich Grimms Erklärung Myth. XXXVIII. gefolgt.

40. 41. Die erste Strophe zielt wohl wieder auf Heimdal, obschon die zweite Zeile an Thor erinnert; die andere vergleiche man mit ihrer wahrscheinlichen Quelle (Wölusp. 65). Der Name des Gottes wird auch dort nicht genannt; unsere Stelle giebt aber als Grund des Verschweigens die Ehrfurcht an. Dieser ungenannte Gott wird sonst in unsern Liedern unter Miötudr (Meßer, Schöpfer Gr. Myth. 20) gemeint. Aber auch Fimbultyr (Wölusp. 60) mag ihn bezeichnen. A. M. ist Gr. Myth. 795.