Völva – Ein Name, unterschiedliche Deutungen

VölvaDie Bezeichnung Völva hat sich erst recht spät etabliert. Germanische Seherinnen waren bereits in der Antike (800 v. Chr. bis ca. 600 n. Chr.) bekannt. Manche von ihnen werden bereits Völven gewesen sein, auch wenn sie noch nicht so genannt wurden.

Der Begriff selbst stammt aus dem Altnordischen, einer nordgermanischen Sprache, die von den Bewohnern Skandinaviens und ihren überseeischen Siedlungen vom 9. bis 13. Jahrhundert gesprochen wurde. Das Altnordische entwickelte sich im 8. Jahrhundert aus der protonordischen Sprache und im 14. Jahrhundert zu den modernen nordgermanischen Sprachen Isländisch , Färöisch, Norwegisch , Dänisch und Schwedisch. In all diesen modernen Sprachen ist der Begriff „Völva“ bekannt. Ihm wird jedoch eine teils unterschiedliche Bedeutung zugemessen.

Die altnordische Bezeichnung lautete Vǫlva. Aus dem Plural Vǫlvur wurde dann „eingedeutscht“ Völven.

Bild: The Magic Circle von John William Waterhouse 1886 © PD

Wandel der Bedeutung

Ursprünglich bedeutete Völva „Frau mit Stab“ oder „Stabträgerin“. Im Kontext mit den bekannten germanischen Seherinnen und der Wandlung der protonordischen Sprache wurde daraus in der deutschen Übersetzung „Seherin“. Auch wenn diese Deutung nicht absolut zutreffend ist, hat sie sich doch weitestgehend durchgesetzt. Völven werden als Seherinnen und Seherinnen werden als Völven bezeichnet. Die Seherinnen unter den Völven sollten korrekt jedoch als Spakona bezeichnet werden, denn nicht jede Völva ist eine Seherin.

Aktueller Stand der Deutung

Da nur wenige seherisch begabte Frauen als Völven tätig sind, aber alle Völven mit dem Stab arbeiten, sollte der Begriff Völva wieder mit der ursprünglichen Bedeutung verbunden werden. Es ist allerdings fraglich, ob dies jemals erreicht werden kann. Von der Litilvölva abgesehen sind die Aufgaben der Völven sehr umfangreich. Es gibt jedoch nur noch wenige Litilvölven, von weißen Völven ganz zu schweigen. Vermutlich wird es daher auch in Zukunft in der Öffentlichkeit bei einer oberflächlichen Betrachtung bleiben.

Auch wenn manche Völven mit Sexualmagie arbeiten, ist eine Verbindung der Worte Völva und Vulva nicht gegeben. Beide Begriffe sind völlig unterschiedlichen Ursprungs und haben rein gar nichts miteinander zu tun.

Voreilige Schlussfolgerungen

In der Saga von Erik dem Roten wird eine Völva beschrieben, die mit Katzenfell gefütterte Handschuhe und Kapuze trägt. Die Wanengöttin Freyja, Lehrerin und Schirmherrin der Völven, fährt in einem Wagen, der von Katzen gezogen wird. Katzen sind recht eindeutig sowohl Freyja als auch den Völven zugeordnet. Die oftmals beschriebene Schlussfolgerung, dass Völven mit Katzenfell gefütterte Kleidung tragen müssen, ist jedoch reine Fantasie. Wer als Völva tätig sein will, sollte sich besser mit lebenden Katzen umgeben. Auch Federn, wenn sie für Rituale Verwendung finden, werden der Überlieferung nach von lebenden Vögeln genommen.

Die zurückgezogene Lebensweise der Seherin Velēda wird als Grund dafür herangezogen, dass Völven zurückgezogen leben müssen. Es entspricht auch dem Bild des einsamen Hexenhäusleins mitten im Wald und erzeugt eine Aura des Geheimnisvollen. Zweifellos haben sich Völven immer wieder in die Einsamkeit geflüchtet, um Götter und Geister um Rat zu fragen, zu meditieren oder geheime Rituale zu zelebrieren. Grundsätzlich jedoch lebten sie inmitten der Gemeinschaft und pflegten engen Kontakt zu ihren Mitmenschen.

Man sollte vermeiden, von Einzelbeispielen auf die Gesamtheit der Völven zu schließen. Dadurch entsteht schnell ein verzerrtes Bild.

Ausbildung zur Völva

Eine Schülerin ist noch keine Völva, solange sie nicht das erste Pflichtritual absolviert hat. Erst danach hat sie das Recht erworben, sich Litilvölva zu nennen und Aufgaben und Pflichten einer Völva zu übernehmen. Von Beginn an arbeitet jede Völva unabhängig von ihrem Ausbildungsstand naturspirituell.

Mariz Gawaldan, eine meiner ehemaligen Schülerinnen, hat die Weihe zur weißen Völva vollzogen und bietet auf ihrer Website einen Kurs zur Ausbildung als Litilvölva an.

 


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