Die thoranische Gesellschaft

Die thoranische GesellschaftBasis für die thoranische Gesellschaft war die eher patriarchalische Ausrichtung ihrer germanischen Vorfahren. Durch den Einfluss der Alben veränderte sich dies schnell zu einer weitestgehend gleichberechtigten Gesellschaftsform.
Interessanterweise hatte dies jedoch kaum Auswirkung auf die Sprache. So brachten die germanischen Vorfahren der Thoraner das Wort Jarl aus Midgard mit und es wurde nie eine weibliche Form davon eingeführt, obwohl auch Frauen Jarle sein können.
Das System der Clans übernahmen sie von den Alben und so gibt es sowohl Clanführer als auch Clanführerinnen. Im Stammesrat sitzen wiederum nur männliche und weibliche Stammesräte, keine Rätinnen. Das kann manchmal etwas verwirrend sein, wird von den Thoranern jedoch nicht weiter beachtet, denn „Wenn es egal ist, ob Frau oder Mann, muss man doch nicht groß darüber reden!“.
Auch bei Berufsbezeichnungen ist das deutlich zu bemerken. So gibt es beispielsweise männliche und weibliche Fischer. Von einer Fischerin hat man bei den Thoranern nie gehört. Vermutlich würde die Bezeichnung Heiterkeit und Kopfschütteln auslösen.

Haushalt

Wie die Hausarbeit geregelt wird, bleibt den Familien überlassen. Das beliebte „Mühe geben, heiraten und dann den Hintern nicht mehr hoch bekommen“ deutscher Männer funktioniert in der thoranischen Gesellschaft jedoch nicht so gut. Der Treueeid kann ohne bürokratische Hürden aufgelöst werden und ein Mann, der von mehreren Frauen verlassen wurde, rutscht in der Hierarchie ganz schnell auf die unterste Stufe.
Bei den zwei Mahlzeiten, die täglich gemeinsam auf Clanebene eingenommen werden ist das Thema Abwasch eindeutig geregelt: Er wird von den Mädchen und unverheirateten Frauen erledigt. Was sich jedoch im ersten Moment wie Diskriminierung anhört, ist eigentlich ein sehr geschickter Schachzug. Diejenigen jungen Männer und Burschen, die Eindruck bei der holden Weiblichkeit schinden wollen, bieten (natürlich ganz uneigennützig) ihre Hilfe an. So treffen sich die jungen, ungebundenen Mitglieder der Clans täglich ohne die Aufsicht von Erwachsenen. Das erleichtert nicht nur die Partnerwahl sondern festigt den Zusammenhalt und die soziale Struktur.

Die thoranische Gesellschaft

Führung

Jarl war ein Fürstentitel in den nordischen Ländern und von der Eisenzeit bis ins Hochmittelalter gebräuchlich. (Siehe auch Wikipedia|Jarl)
Als die Vorfahren der Thoraner um die Jahrtausendwende nach Utgard gelangten, befand sich unter ihnen kein Jarl. Um sich zu organisieren, aber auch um sich zu schützen (die neue Umgebung erschien ihnen zunächst sehr bedrohlich) wählten sie einen verdienten Krieger zum Jarl. Dabei legten sie jedoch sehr klare Regeln über seine Befugnisse und Pflichten fest.
Der Jarlstitel ist bei den Thoranern nicht erblich und auch nicht an eine bestimmte Blutlinie gebunden. Obwohl es nur die männliche Form gibt (nicht wie bei der deutschen Entsprechung „Graf“ auch die weibliche Form „Gräfin“), können Frauen und Männer gleichermaßen den Titel Jarl tragen. Jeder Stamm hat jedoch nur einen Jarl und meist ist es eine Anführerin oder ein Anführer aus einer Gruppe von Kriegern. Obwohl das nicht vorgeschrieben ist, hat es in der thoranischen Gesellschaft nie einen unverheirateten Jarl gegeben.
Anmerkung: Der Albe Lorin, der für seine eher respektlosen Interpretationen bekannt ist, hat es einmal so formuliert: „Eine unverheiratete Frau scheint keiner zu wollen, also will man sie auch nicht als Jarl. Ein unverheirateter Mann kann seine Frau nicht um Rat fragen, er wäre also ohnehin kein guter Jarl.“

Anforderungen

Von einem Jarl werden Kampferfahrung und Führungsqualitäten erwartet. Seine erste Pflicht ist der Schutz des Stammes, dem er als oberster Führer vorsteht. In der Ratsversammlung und dem Thing hat er eine Stimme. Bei Stimmengleichheit hat er jedoch das Recht, eine Entscheidung zu treffen. In der Praxis wird dies jedoch nur selten angewendet. In solch einer Situation sucht man eher erneut nach einem Konsens. Von einem Jarl werden also auch diplomatische Fähigkeiten erwartet.
Die thoranische GesellschaftIm Verteidigungs- und/oder Katastrophenfall hat der Jarl die absolute Befehlsgewalt. Üblicherweise gibt er diese Befehlsgewalt dann aber teilweise an kompetente Stammesmitglieder ab und behält selbst sozusagen den großen Überblick. Bei einer drohenden Überschwemmung trat der legendäre Jarl Olof das Kommando komplett an einen der Fischer ab, der ohnehin für die Uferbefestigung zuständig war. Eine Entscheidung, für die er später sehr gelobt wurde.
Den Festfrieden bei den Sonnen- und Mondfesten im Namen des Jarls ausrufen zu dürfen, gilt als besondere Ehre und Auszeichnung. Den Thingfrieden ruft der Jarl aus. Es sei denn, der älteste anwesende runische Schamane beansprucht diese Ehre für sich.
Ein Jarl wird mit einfacher Stimmenmehrheit von allen Erwachsenen Mitgliedern des Stammes gewählt, hat bei dieser Wahl aber selbst kein Stimmrecht. Er kann die Wahl jedoch annehmen oder ablehnen. Mütter haben für jedes noch nicht stimmberechtigte Kind eine halbe zusätzliche Stimme.
Die Amtszeit eines Jarls ist nicht begrenzt. Er bleibt Jarl bis zu seinem Tod, dem freiwilligen Rücktritt oder bis die Mehrheit der Stammesmitglieder seinen Rücktritt fordert. Kann ein besonders verdienter Jarl aufgrund von Alter oder Krankheit seinen Pflichten nicht mehr nachkommen hat es sich eingebürgert, dass ihm eine Art Berater zur Seite gestellt wird, der dann seine Aufgaben übernimmt und beim Tod des alten Jarls automatisch seinen Platz und Titel einnimmt.

Wirtschaft und Eigentum

Die wirtschaftliche Struktur innerhalb der Gesellschaft erinnert ein wenig an den sogenannten Urkommunismus. Jedes Mitglied arbeitet ohne direktes Entgelt für die Gemeinschaft. Jedoch wird dabei nicht nur Gemeinschafts- sondern auch Privateigentum eingesetzt. Die Aspekte Ernährung und Verteidigung stehen dabei im Vordergrund. Ich möchte das einmal am Beispiel der Fischer etwas näher erläutern.
Die thoranische GesellschaftVon den Fischern wird erwartet, dass sie für jeden Thoraner einmal in der Woche genug Fisch für eine Mahlzeit heranschaffen. Das ist schon eine recht anspruchsvolle Aufgabe, aber bei weitem noch nicht alles. Die Hauptniederlassung der Thoraner befindet sich auf einer Flussinsel. Uferbefestigung und Hochwasserschutz sind also ein wichtiges Thema und fallen ebenfalls in den Aufgabenbereich der Fischer. Dazu betreiben sie noch die stammeseigene Räucherei und selbstverständlich sind sie für die Erhaltung der Fischbestände verantwortlich.
Boote und Netze sind Eigentum der Gesellschaft. Angeln, Reusen und Harpunen sind ebenso wie die erforderliche Kleidung Privateigentum der Fischer und müssen von ihnen angeschafft bzw. Instand gehalten werden. Von der jährlichen Weidenernte, die Gemeinschaftseigentum ist, bekommen sie nach den Korbflechtern den zweitgrößten Anteil. Die Reusen, die sie daraus herstellen sind ihr Privateigentum und die Krebse, die sie damit fangen, können sie nach eigenem Ermessen verwenden. Gefangene Fische sind in jedem Fall Eigentum der Gemeinschaft. Die Körbe, die sie von den Korbflechtern für ihre Arbeit bekommen sind wiederum Gemeinschaftseigentum.

Währung

Bei Bauern, Handwerkern, Jägern usw. verhält es sich analog zu den Fischern. Das Ganze ist ein bis ins kleinste Detail durchdachtes, ausgeklügeltes System welches das Überleben der Gesellschaft sichert, aber – bei entsprechendem Einsatz – auch steigenden Wohlstand für den Einzelnen bedeutet.
In welchem Umkreis um Thor Steen die bereits erwähnte Ernte der Weidenruten erfolgt, wird vom Stammesrat jährlich nach dem zu erwartenden Ertrag festgelegt. Wer Weidenzweige für den Privatgebrauch ernten will, muss dann eben einen etwas weiteren Weg in Kauf nehmen. Ähnlich wird es mit Beeren und anderen Wildfrüchten gehandhabt. Die Ernte für die Gemeinschaft hat immer Vorrang.
Geld als Zahlungsmittel ist bekannt und wird in Form von geprägten Goldmünzen der Alben genutzt. Die Thoraner prägen jedoch keine eigenen Münzen. Im Vergleich mit anderen Völkern werden die Thoraner als durchaus wohlhabend angesehen. Dazu gibt es Gerüchte über einen Schatz, unerwartetes Geschenk der Schwarzalben, welcher unter dem roten Feuerstein vergraben ist und von Thor höchstselbst durch mächtige Zauber geschützt wurde. Beweise für die Existenz eines solchen Schatzes gibt es jedoch nicht. Allerdings weigern sich die Schwarzalben beharrlich, zu dem Thema einen Kommentar abzugeben. Und das bedeutet: Wer weiß …

Woman

Vergleiche mit Midgard

Wenn wir die Lebensweise der Thoraner aus unserer Sicht betrachten, können wir sie leicht unterschätzen. Ihre Energiequellen sind Wasser- und Windkraft, Elektrizität wird kaum genutzt. Kernspintomographen, Röntgengeräte, Rettungshubschrauber und Notfallkliniken sind ihnen unbekannt. Fernsehen und Radio gibt es nicht, vom Kino ganz zu schweigen.
Aber die Thoraner brauchen diese Dinge auch gar nicht! Ihre Heiler sind qualifiziert genug, um jede Krankheit oder Verletzung zu erkennen und zu behandeln. Schon Kinder üben sich darin, gemeinsam Geschichten zu erfinden und mit Hilfe von Runen ihre Zuhörer zu Protagonisten ihrer Geschichten zu machen. Gemeinsam erlebte Fantasie schlägt die besten Trickstudios von Hollywood um Längen. Elektrizität beeinflusst das Energiefeld um sie herum negativ. Das lehnen sie ebenso ab, wie wir ein Plumpsklo im Wohnzimmer. Wenn überhaupt, dann nutzen sie Schwachstrom, der durch einen Generator im Sneenfoedt erzeugt wird.
Die Thoraner haben zum Beispiel die Kenntnisse und Fähigkeiten, eine Eisenbahn bis zu den Portalen bei den Ura Onorini zu bauen und damit den wochenlangen Weg mit Ochsengespannen auf dem Brandothlon auf wenige Tage oder sogar Stunden zu verkürzen. Sie tun es nicht, weil es für sie eine Schändung des Landes bedeuten würde. Eine Missachtung des Geschenkes von Thor. Obwohl die Arbeit bei den Trecks sehr schwer und auch nicht ungefährlich ist, gibt es immer mehr Bewerber dafür, als Arbeitskräfte in Thor Steen entbehrlich sind.

Auswirkung auf die Umwelt

Die Herstellung von Glas ist kein Geheimnis. Kalk, Soda und Pottasche sind nichts Besonderes und Quarzsand gibt es in der Talath Udwend mehr als genug. Tatsächlich gibt es am Südende der Flussinsel eine kleine Glasbläserei, die jedoch aufgegeben wurde. Der Quarzsand auf Utgard eignet sich nicht besonders gut zur Glasherstellung. Mit Beginn der Laplisozucht war es einfacher und billiger, Leder gegen die hochwertigen Glaserzeugnisse der Alben zu tauschen. Die Glasbläserei wurde noch einige Zeit von Künstlern genutzt und dann aufgegeben.
Auch die Veredelung von Kautschuk zu Gummi ist in der thoranischen Gesellschaft bekannt. Es fehlt jedoch am Rohstoff. Allerdings gibt es eine Sumpfpflanze, die zwar nur sehr geringe Mengen Kautschuk liefert, dafür jedoch in einer sehr hohen Qualität. Die Thoraner ernten diesen hochwertigen Kautschuk und tauschen ihn gegen Gummiprodukte ein.
Ist etwas zu aufwändig oder beeinflusst es zu sehr die Umwelt, wird nach einem anderen Weg gesucht. Dadurch sind die Thoraner in gewisser Weise von anderen Völkern abhängig. Das gilt aber auch umgekehrt. Und wenn man Durst hat, kann man bedenkenlos direkt aus dem Sneenfoedt trinken. Für Umweltverschmutzung gibt es in der thoranischen Sprache kein Wort und von Keimbelastung haben sie noch nie gehört.

Relativierung

Mir ist durchaus bewusst, dass manche Beschreibungen den Eindruck eines glücklichen Utopia machen. Im täglichen Leben ist das jedoch keineswegs der Fall. Ein Sprichwort sagt: „Wenn dem Esel zu wohl wird, geht er aufs Eis tanzen.“ In der deutschen Wohlstandsgesellschaft ist das Eis voller Esel, die sich auch noch gegenseitig an blöken.
Für die Thoraner sieht das etwas anders aus. Ihr Leben ist immer auch ein Überleben, ein Kampf gegen Naturgewalten und Feinde. Die thoranische Gemeinschaft ist vergleichsweise klein. Daher ist der Gemeinschaftssinn aber auch stärker. Persönliche Animositäten, Neid, Missgunst, Eifersucht usw. sind durchaus vorhanden, jedoch bei weitem nicht so ausgeprägt wie wir es auf Midgard kennen.
Ein Thoraner, der um eines persönlichen Vorteils wegen der Gemeinschaft schadet, findet sich auch schnell außerhalb der Gesellschaft in der Verbannung wieder und dann bekommt das Wort Überlebenskampf eine ganz neue Bedeutung.

 


 
 
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Bild: „Die thoranische Gesellschaft“ © PD