Wikingergebet | Hinter den Toren Walhallas

WikingergebetDurch den Film „Der 13te Krieger“ wurde es bekannt, heute druckt man es auf T-Shirts, verkauft es als Poster, brennt es in Holz: Das Wikingergebet. Aber ist es wirklich nur ein Fantasieprodukt des amerikanischen Schriftstellers Michael Crichton, wie oft behauptet wird?

Im Film treten die letzten sieben der ursprünglich dreizehn Krieger bei strömendem Regen in einer finalen Schlacht gegen die „Wendol“ genannten Gegner an. Vor dem Beginn des Kampfes sprechen sie im Wechsel die folgenden Zeilen:

Dort treffe ich dann meinen Vater.
Dort treffe ich meine Mutter, meine Schwestern und meine Brüder.
Dort treffe ich dann all jene Menschen meiner Ahnenreihe, von Beginn an.
Sie rufen bereits nach mir.
Sie bitten mich, meinen Platz zwischen ihnen einzunehmen.
Hinter den Toren von Walhalla, wo die tapferen Männer für alle Ewigkeiten leben.
Untermalt von der etwas pathetischen Musik von Jerry Goldsmith, ist es eine beeindruckende Szene. Aber wie „echt“ sind diese Worte?

Der Ursprung

Crichton benutzte einen Reisebericht aus der Zeit nach 922 für seinen Roman „Die ihre Toten essen“ (Eaters of the Dead), den er mit Elementen aus dem altenglischen Beowulf-Epos vermischte. Hauptfigur des Romans ist der Reisende Ahmad Ibn Fadlān, im Film gespielt von Antonio Banderas.

Der echte und historisch verbürgte Ahmad ibn Fadlān ibn al-‚Abbās ibn Rāschid ibn Hammād war der arabische Autor eben jenes Reiseberichts über eine Gesandtschaft des Kalifen al-Muqtadir, die am 21. Juni 921 von Bagdad zum Hof der Wolgabulgaren aufbrach und dort am 11. Mai 922 ankam, den Crichton als Grundlage für sein Buch nutzte.
Nach 922 verfasste Ahmad ibn Fadlan seinen umfangreichen Bericht über die Reise zu den Wolgabulgaren, den nördlichen Nachbarn der Chasaren, und den warägischen Rus, mit eindrucksvollen Schilderungen ihrer Lebensgewohnheiten, Kultur und Religion. Eine Abschrift dieses Berichtes ist bis heute erhalten und gilt als eine der wichtigsten Quellen zu den frühen Rus wie auch zu den Chasaren, Wolgabulgaren und anderen Völkern der von Ahmad ibn Fadlan bereisten Regionen.

Aus dem Reisebericht des Ahmad ibn Fadlan

In diesem Bericht gibt es eine sehr interessante Passage über die rituelle Tötung einer Sklavin. Ihr Meister war verstorben und sie wollte ihm ins Totenreich folgen, um ihm weiter dienen zu können.

Zur Zeit des Abendgebets am Freitag brachten sie die Sklavin zu einem Ding, das sie gebaut hatten, wie einem Türrahmen. Sie legte ihre Füße auf die Hände der Männer und wurde über den Türrahmen gehoben. Sie sagte etwas und sie brachten sie zu Fall. Dann hoben sie sie ein zweites Mal hoch und sie tat, was sie beim ersten Mal getan hatte. Sie brachten sie herunter und hoben sie dann ein drittes Mal hoch, und sie tat, was sie bei den ersten beiden Gelegenheiten getan hatte. Als nächstes reichten sie ihr eine Henne. Sie schnitt ihr den Kopf ab und warf ihn weg. Sie nahmen die Henne und warfen sie an Bord des Schiffes.
Ich befragte den Dolmetscher über ihre Handlungen und er sagte: „Als sie sie das erste Mal hochhoben, sagte sie: „Siehe, ich sehe meinen Vater und meine Mutter.“ Das zweite Mal sagte sie: „Siehe, ich sehe alle meine tote Verwandtschaft sitzend.“ Beim dritten Mal sagte sie: „Siehe, ich sehe meinen Meister sitzend im Totenreich. Das Totenreich ist schön und grün. Er wird von seinen Männern und seinen männlichen Sklaven begleitet. Er ruft mich, also bringt mich zu ihm.“ So brachten sie sie zum Schiff und sie nahm zwei Armreifen ab, die sie trug, und übergab sie der Frau, die „Engel des Todes“ genannt wurde. Es war der Lohn für ihre Arbeit und die Frau tötete sie.

Fazit

Diese Passage ist es, auf der das Wikingergebet beruht. Historisch korrekt ist es also keineswegs, jedoch hat es seine Wurzeln in einer 1100 Jahre alten historischen Überlieferung. In weiteren eintausendeinhundert Jahren wird man es vielleicht als historisch korrekt für die „Zeit der Wikinger des 21. Jahrhunderts“ bezeichnen.

Ich mag nicht darüber streiten, ob die Worte des Wikingergebetes nun „richtig“ oder „korrekt“ oder wasauchimmer sind. Sie sind wunderschön, sie sind ein Glaubensbekenntnis, sie legen Zeugnis ab über die Verbundenheit der Menschen über Generationen hinweg, sie machen Mut und lassen meine Stimme brechen, wenn ich sie ausspreche. Sie sind DAS Wikingergebet der heutigen Zeit.
 
 


 
 
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Bild „Wikingergebet“ © (shutterstock.com)
 
 

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