Lieder zu den Jahreskreisfesten
In deutscher Sprache gibt es kaum Lieder zu den Jahreskreisfesten und ich habe beschlossen, dass das ein unhaltbarer Zustand ist, der geändert werden muss.
Der Jahreskreis
Der Jahreszyklus unserer Vorfahren wird durch acht elementare Stationen gekennzeichnet. Diese acht Stationen wurden zeitlich nach dem Stand der Sonne bzw. des Mondes bestimmt. Die Sonnenwenden sowie die Tagundnachtgleichen markieren die vier Sonnenfeste und die dazwischen liegenden Neu- bzw. Vollmonde die vier Mondfeste. Es liegt mir fern, hier eine Diskussion über die „richtige“ Berechnung dieser Termine zu beginnen. Auch um Authentizität oder den Streit, welche Völker nun wann welche Feste begangen haben, geht es hier nicht. Die Diskussion, dass die Runen germanischen und die Mondfeste keltischen Ursprungs sind, und Runer keine keltischen Feste feiern sollten, ist mir auch ziemlich egal.
Als Runer stehen für mich auch weniger die Feierlichkeiten im Vordergrund. Es sind die Termine, oder besser die Ereignisse zu den Terminen der Jahreskreisfeste, die ich für die Runenarbeit nutze. Runische Schamanen verwenden eher das Feuer zu den Tagen der Sonnenwenden und der Tagundnachtgleichen für ihre Arbeit. Völven orientieren sich dagegen mehr an der Magie des Wassers und an den Mondphasen. Sicher ist das nur eine grundsätzliche Verallgemeinerung, aber im Großen und Ganzen gesehen, passt es schon. Wenn wir dann zu diesen Terminen noch einen triftigen Grund haben, mit Freunden und Familie mal wieder so richtig „einen drauf zu machen“ – um so besser!
Für uns ist das Praktikable und Sinnvolle maßgebend. Die Jahreskreisfeste sind für die Runenarbeit nicht zwingend erforderlich. Aber sie sind hilfreich und das ist es, was für uns zählt.
Termine
Imbolc: 2. Vollmond eines Jahres um den 2. Februar
Ostara: Frühlings-Tagundnachtgleiche am 19., 20. oder 21. März
Beltane: 5. Vollmond eines Jahres um den 30. April
Litha: Sommersonnenwende, am 20., 21. oder 22. Juni
Lammas: 8. Vollmond eins Jahres um den 31. Juli
Mabon: Herbst-Tagundnachtgleiche am 22., 23. oder 24. September
Samhain: 11. Schwarzmond des Jahres um den 31. Oktober
Jul: Wintersonnenwende, 21. oder 22. Dezember
Lieder zu den Jahreskreisfesten
Imbolc
Heut beginnt das Neuerwachen, Imbolc ist der Neubeginn
Werden schon die Tage länger, geht der Winter bald dahin
Erste zarte Knospen scheinen, wieder die Natur erwacht
Und der Samen in der Erde strebt hervor mit aller Kraft
Noch verhalten sind die Klänge von der Vögel erstem Lied
Doch schon oft seh’n wir nach oben, wenn ein Schwarm vorüberzieht
Langsam dreht das Rad sich weiter, keimt und wächst es auf der Flur
Wie ein Läufer vor dem Startschuss, so gespannt ist die Natur
Wasser bricht sich seine Bahnen, wird befreit vom kalten Eis
Wurzeln strecken sich im Boden, es beginnt ein neuer Kreis
Wieder heißt es sich entscheiden, wieder wird erneut gewählt
Welchen Weg wir weiter gehen, was am Ende wirklich zählt
Refrain:
Zeit uns darauf zu besinnen, was man besser nicht vergisst
Welche Menschen wir stets lieben, was uns wirklich wichtig ist
Freunde und Familie kommen, sind geladen für den Tag
Reichen wir uns treu die Hände, nichts zu trennen uns vermag
Ostara
Sie ist die neue Hoffnung, sie ist das neue Licht
Das frische Gras der Weiden, des Frühlings Angesicht
Ostara ist die Reine, die uns’re Welt erhellt
Die Tage werden länger, die Felder sind bestellt
Das klare Hell der Bäche, der reine Morgentau
Das zarte Grün der Blätter, das Meer ist wieder blau
Am Himmel ziehen Wolken, doch sind sie weiß und rein
Vorbei die Zeit der Stürme, jetzt kommt der Sonnenschein
Wir singen bis zum Morgen, der neue Tag beginnt
Wir feiern mit den Freunden, so schnell die Zeit verrinnt
Vergessen ist der Winter, vergessen ist die Nacht
Wir tanzen und wir lieben, der Frühling ist erwacht
Refrain
Um die Welt da ziehen sich, Lichter von hellen Feuern
Liebste reich mir deine Hand, lass uns den Schwur erneuern
Heute Nacht, da träumen wir, träumen wie ein Kind
Ostara schenkt uns neue Kraft, weil wir Kinder des Frühlings sind
Beltane
Frisch geschmückt mit bunten Bändern steht die Birke dort an Bach
Bis in frühe Morgenstunden ist der Himmel unser Dach
Feiern wir des Lebens Freude, geben wir der Liebe Raum
Ehren wir von ganzem Herzen Yggdrasil, den Weltenbaum
Zuneigung und Lebensfreude, Fruchtbarkeit und Neubeginn
Sind die Werte dieses Tages, sind der Feier tiefer Sinn
Lasst uns froh das Leben feiern, tanzen wir bis in die Nacht
Jeder Gast ist uns willkommen, hat er Frohsinn mitgebracht
Brot und Wein als freundlich‘ Gaben, an den Wurzeln hingestellt
Heute sind die Grenzen dünner zu der unbekannten Welt
Heißen Freunde wir willkommen, mögen sie auch anders sein
Selbst wenn wir sie noch nicht kennen, keiner feiert heut‘ allein
Refrain:
Höre, wie es singt und wispert, heute tanzt das kleine Volk
Nicht wie sonst in dunklen Nächten, sondern in der Sonne Gold
Laden wir sie ein zum Feste, zum gemeinsam fröhlich Lied
Geben, Nehmen ist dasselbe, es gibt keinen Unterschied
Litha
Licht des Sommers, Licht des Lebens, heute ist der längste Tag
Tanzen wir im Licht der Sonne, sind vergessen Müh‘ und Plag‘
Schon bevor die Sonne aufgeht, sammeln wir den Feentau
Und im Licht des hellen Mondes danken wir der weißen Frau
Licht der Freude, Licht der Liebe, schafft in uns’ren Herzen Raum
Still wir streifen über Wiesen für den Sieben-Blumen-Traum
Sammeln Blumen, binden Kränze, und im Schlaf wird dann erhellt
Wer dein ganz besond’res Licht ist, und das Zentrum deiner Welt
Licht des Herzens, Licht der Sehnsucht, führst uns sicher durch die Nacht
Und wir feiern mit den Freunden, bis die Sonne wieder lacht
Abends brennen hell die Feuer, fröhlich Lachen weithin klingt
Keine Ängste, keine Sorgen, was der neue Tag uns bringt
Refrain:
Licht der Sonne, Licht des Mondes, Dank dem immerwährend‘ Licht
Dank den Göttern und den Nornen, die uns seh’n von Angesicht
Dank den Quellen und den Strömen, Dank dem immerwährend‘ Sein
Dank den Freunden und der Liebe, keiner bleibt heut‘ Nacht allein
Lammas – Lughnasad
Lughnasad – Die ersten Brote, aus dem frischen, reifen Korn
Duften herzhaft aus den Öfen, von den Feldern heut gebor’n
Rauscht die Sense, rauscht die Sichel, ist der erste Schritt geschafft
Klappert froh am Bach die Mühle, ist das Tagewerk vollbracht
Viele Monde harter Arbeit, haben uns hierher gebracht
Pflügen, säen und auch jäten, leisten wir mit ganzer Kraft
Nur vom Träumen und vom Wünschen wird die Arbeit nicht getan
Was auch immer uns bevorsteht packen wir gemeinsam an
Wanderer sei uns willkommen, heute wie an jedem Tag
Kennst du auch nicht uns’re Bräuche, jeder lebe, wie er mag
Feiern wir die erste Ernte, brechen wir das erste Brot
Trinken wir den Met gemeinsam, auf ein Leben ohne Not
Refrain:
Der Schnitter geht über die Felder, zum ersten Mal dieses Jahr
Erfreut sich der goldenen Ähren, der Ernte so wunderbar
Wir haben das Beste gegeben, im Schweiße des Angesichts
Drum lassen wir hoch uns heut leben, und tun nicht, als wäre das Nichts
Mabon
Alles hält sich in der Schwebe, in vollkom’nem Gleichgewicht
Tag und Nacht wie Licht und Schatten, Finsternis und Sonnenlicht
Mutter Erde hält den Atem an für einen Augenblick
Sammelt Kraft für ihre Kinder, für ihr sicheres Geschick
Heute heißt es Innehalten und zu schau’n, was wir vollbracht
Was wir selber hier erschaffen und womit man uns bedacht
Voll die Scheunen und die Kammern, stark und kräftig steht das Vieh
Reich die Gaben uns’rer Götter, dankbar beugen wir das Knie
Milch und Mehl als Dank der Erde, Honig für das Kleine Volk
Teilen wir die reichen Gaben, wie die Götter es gewollt
Geben wir mit frohem Herzen, was die Erde uns geschenkt
Auch ein Teller für die Ahnen, liebend Ihrer sei gedenkt
Refrain:
Mabon ist der Tag des Dankes für die Fülle und die Pracht
Die beschert hat uns die Ernte, dank der Götter freundlich Macht
Mabon ist der Tag des Stolzes auf die Arbeit und den Fleiß
So ist es seit allen Zeiten, vor Erfolg da kommt der Schweiß
Samhain
Die Herden kommen von den Weiden
Verschlossen wird Tür und Tor
Ein Schatten im Licht des Mondes
Tritt aus dem Dunkel hervor
Die Grenzen der Welten sind dünner
Die Nebelschleier sie ziehn
Was leise an uns herantritt
Wir müssen davor nicht fliehn
Die Geister der Ahnen erscheinen
Sie sind die Quelle der Kraft
So lauschen wir ihrem Flüstern
Gedenken wir ihrer Macht
Sie kommen um uns zu berichten
Was ihnen den Weg erhellt
Und bringen uns gute Kunde
Aus einer anderen Welt
Refrain:
Komm heim, komm heim
Das dunkle Viertel beginnt
Komm heim, komm heim
Die Grenze der Welt verschwimmt
Jul
Heute löschen wir die Feuer, es ist die längste Nacht
Willkommen ist die Dunkelheit, die uns die Nacht gebracht
Heute prüfen wir den Glauben, der uns am Leben hält
Den Glauben an die Wiederkehr der lichten, hellen Welt
Zündet an den neuen Funken, bringt uns zurück das Licht
Begrüßen wir das neue Jahr und geben ihm Gewicht
Bildet eine lange Kette von Lichtern um die Welt
Dass niemand lang im Dunkeln bleibt, das ist was uns gefällt
Reicht die Lichter immer weiter, an jeden der sie braucht
Aus jedem kalten Schornstein dann schon bald es wieder raucht
Fröhlich lodernd‘ helle Feuer, die leuchten immerdar
Gemeinsam feiern wir die Nacht, den Start ins neue Jahr
Refrain:
Heute Nacht erlischt der Funke nur für einen Augenblick
Das Versprechen neuen Lebens bringt ihn schnell zu uns zurück
Tief im Schoß von Mutter Erde, ruht des neuen Lebens Kraft
Bald schon mit dem Licht der Sonne, bricht es aus mit großer Macht
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Bild „Lieder zu den Jahreskreisfesten“: Der Jahreskreis, lizensiert bei shutterstock.com